Die Ausstellung öffnet vom 28. März bis 14. April 2022

Mo – Fr 15-20 Uhr, Sa – So 11-20 Uhr

Bitte beachten Sie die aktuellen Berliner Corona-Schutzregeln.

Fünf Reisende auf der Suche

von Erika Babatz

An jenem dunklen Januarabend im Jahr 2020 war es in Berlin eiskalt. In einem Klassenzimmer der VHS Friedrichshain-Kreuzberg hatte ich eine eklektische Gruppe von Leuten vor mir, die sich für einen Kurs mit dem Titel „Die Schatten der Nacht“ angemeldet hatten – was einiges über die dort Anwesenden aussagt. Zu dieser Gruppe von unbesiegbaren Enthusiasten gehörten Jutta, Sandy, Tanja, Ulrike und Wolfgang.

In meinem Kopf ein Wunsch – zwei meiner Obsessionen zu teilen: meine Faszination und Neugierde für das Licht und seine Abwesenheit – nämlich den Schatten – und meinen Glauben an die Fotografie als Instrument, um sich selbst und die Welt zu verstehen.

In den vielen Monaten, in denen ich das Privileg hatte, mit diesen fünf wundersamen Charakteren zusammenzuarbeiten, habe ich versucht, Zeichen auf ihren Wegen zu setzen. Ich habe auch versucht, Umwege zu provozieren und sie sogar in den Abgrund zu stoßen, damit die innere Welt des Einzelnen allmählich zum Bild wurde. Ein Versuch, sie dazu zu bringen, ihre Bildsprache zu entdecken.

Während der ersten Monate der Pandemie haben wir gemeinsam Vieles entdeckt. Für mich war jeder unserer Online-Abende eine Reise mit ungewissem Ziel. Eine Reise, auf der wir alle – so wage ich zu behaupten – Wege mit und in der Fotografie entdeckt haben, die sich sonst vielleicht nicht offenbart hätten. Ich glaube, wir sind alle über unsere Schatten gesprungen.

Das Ende des Kurses kam, und wir verabschiedeten uns voneinander; ich mit dem Stockholm-Syndrom und immer im Kopf den Gedanken, wie sich die Bilder weiterentwickeln würden. Dann kam die erleichternde Überraschung, dass diese Ausstellung stattfinden würde.

Ich bin froh, dass ich bei der Auswahl der Bilder, die wir heute hier sehen, kein Mitspracherecht hatte. Viele der Bilder, die während des Kurses präsentiert wurden, hatten sich in meinem Kopf eingebrannt. Manche sind hier, manche nicht. Das beruhigt mich, denn mein Wunsch, dass jeder seine eigene Reiseroute festlegen sollte, hat sich erfüllt.

Das Ablegen ist schwer, aber diese fünf Abenteurer haben den Hafen längst verlassen und sind auf See, was schon eine Meisterleistung ist.

Jutta hat sich getraut, die Reproduktion abblitzen zu lassen und hat sich auf ein Abenteuer in Richtung Andeutung eingelassen. Eine Reise ohne Ende.

Sandy begann ihre Suche mit Beobachtungen der nächtlichen Dunkelheit in der Stadt und hat am Ende ihr Licht in den Tiefen der Natur gefunden.

Tanja saß wie eine Wächterin in ihrem Leuchtturm, wartete geduldig auf das Licht und entdeckte die spielerischen Wunder des Schattens.

Ulrike untersuchte die Welt akribisch, suchte unermüdlich und fand viel, und immer diese zarte, subtilen Lichtspalten, Winke und Zwischenräume. Welten.

und

Wolfgang – wie Alice, die durch den Spiegel trat- traute sich einen Sprung jenseits unseres Auges zu wagen, hinein in die Eingeweide der Langzeitbelichtung.

Hier sehen wir nun einen Teil der Logbücher dieser Entdeckungsfahrten.

Fotografen sind eine seltene Spezies von Demiurgen, die ihre eigenen Universen gestalten, die dann die Beobachter an ihre eigenen anpassen.

Die Fotografien hängen vor uns. Wie Friedrich Dürrenmatt einmal sagte: Wir sind ihnen – den Fotografien – ausgeliefert, und es ist nötig, dass wir uns ihnen ausliefern.

27. März 2022.

Anlässlich der Eröffnung der Gruppenausstellung „dazwischen“ In der Galerie Kunst40, Berlin

© Erika Babatz